Wer meinen Instagram-Account kennt könnte denken, dass mein Haarausfall absolut kein Thema für mich ist und ich vor Selbstbewusstsein nur so strotze. Das stimmt aber nur zum Teil. Ja, ich teile dort Bilder von mir ohne Topper und zeige meinen Haarausfall einem riesigen Publikum. Dennoch würde ich niemals ohne Topper vor die Tür gehen. Ich erhalte über Instagram viele Zuschriften von Frauen mit Haarausfall, die mich fragen, wie ich so offen und selbstbewusst mit dem Thema umgehe. Was diese Frauen in der Regel nicht wissen: Ich leide seit 18 Jahren an Haarausfall. Das ist mehr als genug Zeit, sich damit abzufinden und zumindest zu versuchen, sich selbst so anzunehmen, wie man nun einmal ist. Dennoch wäre es gelogen zu sagen, dass ich immer glücklich mit meinem Aussehen bin und niemals damit hadere.
Dass ich so offen damit umgehen kann, ergab sich durch eine Veränderung im Äußeren. Erst seit ich den Haarersatz gefunden habe, der mich normal aussehen lässt, kann ich mich so akzeptieren, wie ich bin. Das bedeutet konkret, dass ich 13 Jahre alles versucht habe, um mein dünner werdendes Haupthaar zu verstecken. Dass ich um jedes einzelne Haar in der Bürste, auf dem Boden und im Duschhaarsieb geweint habe. Dass ich mich hässlich und unattraktiv gefühlt habe. Dass ich mir weniger weiblich und wie ein Mängelexempar vorkam. So habe ich viele, viele Jahre gedacht und gefühlt. Ich habe mich oft gefragt, warum das mir passieren muss, habe mich selbst bemitleidet und mich eingeigelt. Aber irgendwann hatte ich genug davon. Man sagt, dass die Haarwurzeln nach etwa 10 Jahren Inaktivität nicht mehr reaktivierbar sind - ich musste mich also damit abfinden, dass meine Haare verloren sind und dass sich mein Aussehen auch nicht mehr zum Positiven verändern würde.
Akzeptanz ist der erste Schritt
Hoffnung ist eigentlich eine gute Sache. Wenn es aber darum geht, die eigenen Situation zu akzeptieren, ist sie kontraproduktiv. Erst als ich damit abgeschlossen hatte, etwas an meinen Haarausfall zu ändern, konnte ich mich damit abfinden. Was ich mir immer wieder vor Augen führe ist Folgendes: Ich habe nur dieses eine Leben und ich bin dafür verantwortlich, es so gut wie möglich zu gestalten. Ich kann mich also den ganzen Tag damit aufhalten, meinen verlorenen Haaren hinterher zu trauern, oder ich kann etwas unternehmen, um mein Spiegelbild im Hier und Jetzt schöner zu finden. Die reinste Form der Selbstakzeptanz ist natürlich, sich so zu lieben, wie man ist. Mit Glatze, mit schütterem Haar, mit all den "Makeln". Das ist die Kür und ich bewundere alle Frauen, die das können. So weit bin ich noch nicht. Für mich sind meine Topper noch unentbehrlich, um mich selbst attraktiv zu finden. Ich finde das aber auch legitim. Andere lassen sich die Fingernägel machen, tragen Push-up-BHs, legen sich Extensions zu oder lassen sich die Brüste vergrößern. Ich finde das alles in Ordnung, solange es niemand anderem schadet.
Das Tabu des Haarersatzes durchbrechen
Viele Frauen sehen Haarersatz als etwas absolut Negatives. Ich kann das nachvollziehen - mir ging es anfangs genauso. Als mein Vater mir mit 20 vorschlug, ich solle mir doch mal überlegen ein Haarteil zu tragen, war ich alles andere als begeistert. Perücken, Haarteile, Toupets - das ist alles nicht sexy. Das ist nicht weiblich und das ist schon gar nicht normal! Ich würde dieses Bild gerne ändern. Ich wünsche mir, dass alternatives Haar (wie es im Englischen so schön heißt) als etwas ganz Normales angesehen wird. Warum sollte ich mich schämen, dass ich Haarteile trage? Warum muss das etwas sein, das geheim gehalten wird? Warum sollte ich weniger wert sein, nur weil ich Haarausfall habe? Ich möchte mich einfach nicht mehr so fühlen, und diese Entscheidung macht den Unterschied. Die innere Einstellung zu Haarausfall (oder auch anderen, viel schlimmeren Krankheiten) entscheidet, wie gut man im Alltag damit zurecht kommt. Je eher ihr eure aktuelle Situation akzeptiert, desto weniger wird es euch emotional belasten. Und macht euch bitte frei davon, dass Haarteile und Perücken etwas sind, wofür ihr euch schämen müsstet. Das ist nicht so und jeder, der euch dieses Gefühl vermittelt, ist - mit Verlaub - ein Arschloch!
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